Vegan für Anfänger… Ein Trend, der kaum mehr zu ignorieren ist
Ich möchte Euch nur einen Einblick geben in die Welt der rasant zunehmenden Fleischreduzierer und -vermeider und wie Ihr diesen in Eurem Betrieb gerecht werden könntet. Ihr findet in diesem Artikel Zahlen, Fakten, Tipps und auch ein paar Rezepte zum Trend Veganismus.
Keine Sorge, niemand muss sich jetzt rechtfertigen, weil er/sie Fleischgerichtet anbietet, selbst gerne Fleisch isst, eigenen Speck und Käse herstellt oder auf die Jagd geht.
Ich bin Veganerin, aber: I come in peace.
Ich möchte Euch hier einen Einblick geben, wie Ihr auch VeganerInnen gerecht werden könnt unter Euren Gästen. Die werden Euch nämlich immer häufiger begegnen. Gerade wenn Teens mitreisen. Denn die militante Veganerin (über eine halbe Million Follower auf Tiktok, die Aufrufe ihre Videos auf youtube sind immer im fünfstelligen Bereich) wird von vielen Jugendlichen gefeiert, von Eltern gefürchtet, da der Konsum ihrer Videos zu Diskussionen am Kochtopf und am Esstisch führen.
VeganerInnen sind zwar noch eine Minderheit, es interessieren sich aber auch immer mehr Nicht-Veganer für diesen Lifestyle. Veganes Leben ist voll im Trend.
Wie viele Menschen gibt es in Deutschland, die auf tierische Lebensmittel verzichten?
Laut der Veganz-Ernährungsstudie von 2022 leben in Deutschland:
3% Menschen vegan,
7% vegetarisch (laut einer Statistika-Umfrage unter 23.500 Personen über 14 Jahren in Deutschland sind es 2023 sogar 8,12 Mio Vegetarier und damit 1,6 Mio mehr seit 2020),
2% pescetarisch und
sogar 31% flexetarisch.
Nur noch 56,5 Prozent sind omnivor. Zudem nehmen die Gruppen, die ihren Fleischkonsum einschränken, rasant zu seit Jahren. 57% der Nicht-Veganerinnen möchten den Konsum von tierischen Produkten künftig verringern, heißt es laut der zitierten Studie.
Interessant ist auch, dass Deutschland weltweit die Nummer 1 ist bei neuen veganen Produkteinführungen. Der deutsche Markt für Veggie Lebensmittel ist über 1,2 Milliarden Euro wert und wächst jährlich zwischen 25% und 33% (Klick für die Quelle). Viele der veganen Ersatzprodukte werden auch von omnivoren oder Menschen konsumiert, die nur wenig Fleisch essen. Einfach aus Neugier und weil es „cool“ ist. Das hat wohl auch die deutsche Burgerkette “Peter Pane” dazu bewegt, viel Geld und Zeit in die Entwicklung von fleischlosen Patties zu stecken, die inzwischen sogar vor allem anderen auf der Speisekarte stehen.
Was sind die verschiedenen Stufen des Fleischverzichts?
- Flexitarier (die größte Gruppe): Diese Menschen essen überwiegend fleischlos, gönne sich aber ab und zu hochwertiges Biofleisch. Das heißt für Euch: Flexitarier haben nicht das Gefühl, was zu verpassen, wenn Sie Gerichte ohne Fleisch serviert bekommen. Im Gegenteil. Sie möchten nur wenig Fleisch und Fleisch aus artgerechter Haltung. Ihr müsst daher die Speisekarte oder das Menü nicht mit tierischen Produkten überfrachten.
- Dann gibt es die Pescetarier: Diese essen kein Fleisch, dafür aber Fisch.
- Ovo-Lacto-Vegetarier sind im Grunde die klassischen Vegetarier: Sie essen keine toten Tiere, aber Produkte, die von Tieren stammen wie Eier und Milchprodukte.
- Veganerinnen: Sie essen gar keine tierischen Lebensmittel, also auch keine Milchprodukte oder Eier. Manche nehmen es ganz genau und essen z.B. auch keinen Honig, der ja von Bienen produziert wird.
Wo steckt Tierisches drin, wo man es nicht vermutet auf den ersten Blick?
Achtung: In vielen Lebensmitteln und Gerichten stecken tierische Produkte, auch wenn das nicht auf den ersten Blick logisch oder erkennbar ist. Wisst Ihr Bescheid und weist darauf hin, dass das servierte Bier oder die angebotene Schokolade vegan ist, freut sich der Veganer.
Beispiele für nicht vegane oder Tierleid verursachende Lebensmittel:
- Schokolade: Sie enthält meist Milch.
- Gummibärchen: Die Gelatine wird durch das Auskochen von Häuten, Knochen und Bindegewebe wie Sehnen, Knorpeln und Bändern in Wasser von Schweinen hergestellt.
- Kokosmilch und Produkte mit Kokosmilch aus Thailand: In Thailand werden häufiger angekettete Affen dafür benutzt, die Kokosnüsse von den Bäumen zu holen.
- Einige Chipssorten und Brote: Sie enthalten Schweinborsten (L-Cystein (E920) oder Chips oft auch Milchpulver.
- Instant-Gemüsebrühe: Enthält oft Eiklar oder Rinderfett.
- Bier und Fruchtsäfte: Manche Biere werden durch eine Fischblase gefiltert, in manchen Säften ist Gelatine enthalten.
Persönliche Tipps und Erfahrungen – inside a vegan Family
In meiner Familie hat Verzicht auf tierische Lebensmittel Tradition. Ich selbst bin seit meinem 13. Lebensjahr Vegetarierin (die Folge einer Reportage über Schweine in Anbindhaltung), meine Mutter wurde mit mir zusammen Vegetarierin und ist es geblieben – seit 3,5 Jahrzehnten. Zwei meiner Töchter haben nun seit einem halben Jahr beschlossen, sich nicht nur vegetarisch zu ernähren (auch das war ihre eigene Entscheidung nach einem Bauernhofbesuch), sondern auf vegan umzusteigen.
Begeistert war ich zunächst nicht, denn Veganismus ist noch mal eine ganz andere Liga als Vegetarismus. Als Vegetarier lässt frau einfach das Fleisch und den Fisch weg, in Restaurants ist das heutzutage auch meist kein Problem. Als Veganerinnen wurde unsere Ernährung komplizierter. Denn im Grunde mussten wir dafür zum Ernährungsexperten mutieren – wo ist Kalzium drin? Wo Proteine? Wo Eisen? – und völlig neue Rezepte ausprobieren. Zum Glück sind wir echte Foodies und haben Spaß daran, uns jeden Tag an neuen Gerichte zu versuchen (solltet Ihr mal eine Frage haben zu veganen Lebensmitteln oder Gerichten, wendet Euch gerne an mich: sonja@littletravelsociety.de). Zu Hause ist das daher kein Problem mehr, aber auf Reisen wird es manchmal schwierig. Die Argumente meiner Töchter haben mich jedoch am Ende überzeugt. Eine Liste der Gründe für Veganismus findet sich zum Beispiel hier.
Weiter geht’s mit unseren Tipps für Euch, damit Ihr auch VeganerInnen in Eurem Restaurant oder beim Frühstück glücklich machen könnt. Denn oftmals profitieren auch noch nicht-vegane Gäste davon.
Was VeganerInnen nicht gerne mögen
- Jeden Tag Nudeln mit Tomatensoße, Pommes und Marmelade auf trockenem Brot. Nudeln mit Tomatensoße ist was Feines, aber nicht jeden Tag. Vor allem brauchen Veganer auch Proteine und Kalzium. Nach einer Woche Italien haben wir daher einen Kohlehydrate-Überschuss und stürzen uns jedes Mal aufs Tofu, auf Soja-Joghurt, auf Hafermilch und aufs Weizenprotein (daraus wird z.B. der Fleischersatz „Beyond Meat“ hergestellt. Auch Mühlenwalder, das inzwischen mehr Umsatz mit fleischlosen Lebensmitteln als mit Fleisch macht, hat sehr leckere Produkte im Angebot).
- „Einfach den Käse“ weglassen bei einem Gericht ist keine gute Idee. Denn das Gericht schmeckt dann meist nicht. Auch viele Veganerinnen sind Foodies (so wie wir) und wenn in einer Komposition ein Element fehlt, schmeckt es meist fad.
- Thaicurry auf einer bayrischen Hütte. Das passt einfach nicht und schmeckt meist nicht besonders thailändisch. Es stimmt, die meisten VeganerInnen essen viel asiatisch, da die asiatische Küche einige vegane Gerichte hergibt. Das bedeutet aber auch: VeganerInnen sind meist – aus der Not heraus – gute Köche und werden daher manchmal ein besseres Asia-Menü zaubern als der österreichische Koch. Daher: Viel besser kommt es an, wenn Ihr traditionelle Gerichte veganisiert oder lokale Gerichte auf die Karte setzt, die von Haus aus vegan sind.
- Nur ein veganes Gericht auf der Karte anbieten. Auch Veganer mögen manche pflanzlichen Lebensmittel nicht. Ich zum Beispiel mag keine rote Beete, Gastwirte scheinen jedoch zu denken, dass ein veganes Gericht immer rote Beete beinhalten muss. Vegan ist inklusiv: Auch all die anderen Fleischreduzierer (fast die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland inzwischen) werden sich über ein veganes Gericht freuen. Es schadet daher sicher nicht, 2-3 Gerichte ohne tierische Produkte auf der Karte zu haben (Beispiel Oktoberfest 2023: Die Ochsenbraterei (!) hatte ganz oben auf der Karte 5 vegane Gerichte. Übrigens von Brotzeitbrettl über Frikadelle alles super bayerisch).
Was VeganerInnen happy macht
- Auf dem Frühstücksbuffet:
- Ein veganer Waffelteig ohne Ei und Milch (es gibt gute Ersatzprodukte, z.B. Hafermilch oder Eiersatz aus Kichererbsen – findet sich inzwischen in jedem gut sortierten Supermarkt). Netter Nebeneffekt: So können auch Menschen, die laktoseintolerant sind, Waffeln essen.
- Vegane Aufstriche mit Linsen oder Bohnen, Olivenpaste, veganer Schoko-Aufstrich (Rapunzel Nougatcreme ist mit Abstand die Beste! Besser als Nutella!), Guacamole, Hummus, vegane Butter (die von Meggle schmeckt am besten). Quark kann sehr gut durch Alnatura Quarkalternative ersetzt werden. Schmeckt ohne Gewürze nicht besonders, aber mit einer kleinen „Behandlung“ so täuschend echt, dass keiner den Unterschied merkt: Quarkersatz, ein bisschen Knoblauch, Salz, viel Zitrone, Pfeffer und frische Kräuter. Fertig.
- Veganes Rührei: Man nehme dafür einfach alle Zutaten, die man sonst ins Rührei tut, statt dem Ei aber Seidentofu mit ein bisschen Kala Namak (schwarzes Salz, das schwefelig riecht und schmeckt) und Kurkuma. Fertig.
Kuchen und Muffins: Diese beiden Rezepte – einfach und mega lecker – habe ich schon mehrfach an Nicht-Veganer weitergeben, weil sie sie so schmackhaft fanden. Das Erstaunen war groß, dass es sich um vegane Kuchen handelte (hatte keiner gemerkt): Zitronenkuchen (ich füge noch 3 Teelöffel Mohn hinzu und dekoriere mit essbaren Blüten) und Blaubeercrumble-Muffins.
Pralinen: Ja, sie kosten ein Vermögen, aber es sind mit Abstand die besten Pralinen, die ich je gegessen habe. Und ich meine damit ALLE Pralinen, ob vegan oder nicht vegan. Das Bernsteinzimmer macht alle Pralinen per Hand, ist ein rundrum soziales, nachhaltiges Unternehmen und die süßen Teilchen sind ein Gedicht! Auch schon eine Einzelne würde jeden Gast – ob vegan oder nicht – sicher glücklich machen.
Traditionelle Gerichte ohne Ersatzprodukte, die schon immer vegan waren: Ein tolles Kochbuch mit Rezepten aus aller Welt ist das Buch „immer schon vegan“ (leider gibt es keine englische Übersetzung dazu – kennt jemand ein englische Pendant, wäre ich über einen Hinweis dankbar). Vom spanischen Gazpacho, über die italienische Pizza Marinara bis hin zur französischen Artischocke findet Ihr dort viele vegane Gerichte, an die man im ersten Moment gar nicht denkt. Denn: Viele alte Rezepte kommen ohne tierische Produkte aus, weil diese auch nicht immer verfügbar waren.
Traditionelle Gerichte in vegan nachgekocht: Es gibt inzwischen für fast jedes Gericht eine vegane Rezeptalternative – denn Veganer essen ja meist kein Fleisch, weil sie es nicht mögen, sondern weil sie Tierleid verhindern wollen. Sei es Käsespätzle, Kötabuller, Weihnachtsgans oder Apfelstrudel. Ein toller Link ist dieser , dieser oder auch dieser („vegane Wunder“ hat auch einen Instagram Account mit einfachen Rezepten und ein super Kochbuch, leider kenne ich keine englischen veganen Influencer, ich habe hier aber eine Liste gefunden.). Oder ein Gericht kann durch eine kleine Anpassung schnell vegan werden wie z.B. beim Risotto, wo der Parmesan durch eine vegane Parmesan-Alternative ersetzen werden kann. Auch interessant: In der Milcheistheke ist Zitrone und Mango meist vegan.
Für vegane Gäste ein paar Restauranttipps zusammenstellen oder Spezialitäten Eures Landes auflisten, die vegan sind. In jeder Kultur gibt es sowas, glaubt mir! Man muss nur ein wenig nachdenken. Wir wären zum Beispiel nie darauf gekommen, Pizza Marinara zu bestellen. Das hörte sich so nach Meeresfrüchten an, ist aber eine vegane italienische Pizza (Danke, Francesca vom San Giorgio Resort!). Auch Spaghetti Al‘ Assassinata steht bei uns jetzt hoch im Kurs in Italien. Und es gibt sicher auch in Eurer Nähe Restaurants, die zumindest einzelne vegane Optionen anbieten – manchmal sogar eher „aus Versehen“ (Happy Cow ist eine gute Quelle für reisende Veganer. Wer weiß, vielleicht werdet Ihr in dieser Datenbank auch bald von einem Veganer empfohlen;-) Wir schauen uns dort jedenfalls immer um, bevor wir auf Reisen gehen).
Ich hoffe, ich konnte Euch ein paar Inspirationen geben für vegane Gerichte und Euch die Angst vor den „militanten Veganern“ nehmen. Die meisten sind ganz umgänglich, haben kein Problem damit, wenn neben ihnen jemand ein Stück Fleisch isst, und sind richtig dankbar, wenn Ihr ihnen mit einem Angebot entgegenkommt. In diesem Sinne: Guten Appetit!